Der neue Antisemitismusbericht 2016 des SIG und der GRA thematisiert antisemitische Vorfälle in der Deutschschweiz. Der Schwerpunktbeitrag von Historiker Daniel Rickenbacher untersucht die Zusammenarbeit von linken, rechten und islamistischen Gruppen. Der Bericht ist auf www.antisemitismus.ch einsehbar.
Je nach Studie sind antisemitische Einstellungen bei 10 bis 25 Prozent der Bevölkerung verbreitet. Der Schweizerische israelitische Gemeindebund SIG und die Gesellschaft gegen Rassismus und Antisemitismus GRA zeigen in ihrem Antisemitismusbericht 2016 auf, was passiert, wenn aus Einstellungen Taten werden.
Im Berichtsjahr 2016 wurden gravierende Vorfälle aus dem rechtsextremen Spektrum registriert: Im Oktober 2016 fand im Toggenburg ein Konzert mit einschlägigen Neonazi-Bands statt. Laut Medienberichten nahmen rund 5000 Personen an dem Anlass teil. Mehrere Bands, die an dem Anlass aufgetreten sind, haben Lieder mit antisemitischen Inhalten im Repertoire; Fotos vom Anlass zeigen Konzertbesucher, die den Hitlergruss machen. Ein gravierender Fall wurde ebenfalls im Oktober 2016 publik: Mitglieder einer Neonazi-Band drohen in einem ihrer Songs dem SIG-Präsidenten und Mitgliedern der SIG-Geschäftsleitung mit Mord. Zudem kündigen sie Bombenanschläge auf jüdische Einrichtungen in Zürich an.
Im Juli erhielt der SIG eine erpresserische E-Mail. Darin werden Juden für allerlei Unglück auf der Welt verantwortlich gemacht. Der unbekannte Absender verlangt vom SIG eine hohe Geldsumme. Wenn der SIG das Geld nicht überweise, droht der Erpresser, werde er „jüdische Personen in der Schweiz zur Verantwortung ziehen.“ Weiter kam es in Zürich zu zwei Tätlichkeiten: Auf einem Fussballplatz fragten zwei jüdische Jugendliche andere Fussballer, ob sie mitspielen dürfen. Diese antworteten mit: „Ihr seid doch Juden. Juden haben hier nichts verloren. Sch*** Juden“. Anschliessend wurden die beiden jüdischen Jugendlichen bespuckt. Beim Verlassen des Platzes wurde ihnen mehrmals „Heil Hitler“ hinterhergerufen. Ebenfalls in Zürich wurde im April ein jüdischer Knabe auf der Strasse massiv antisemitisch beschimpft und bespuckt, als er auf seinem Fahrrad an drei Jugendlichen vorbeifuhr.
Im Schwerpunktbeitrag widmet sich der Historiker Daniel Rickenbacher unter dem Titel „Wenn Hass auf Juden verbindet“ Querfront-Phänomenen in der Schweiz. Als Querfronten werden Bündnisse beschrieben, die zwischen Gruppierungen geschlossen werden, die sich auf entgegengesetzten Polen des politischen Spektrums ansiedeln. Rickenbacher zeigt, dass es in der Schweiz informelle Zusammenarbeit zwischen linken, rechten und islamistischen Kreisen gibt. Die Verankerung des Antisemitismus in verschiedenen politischen Spektren bietet laut Rickenbacher die Grundlage für die Annäherung zwischen vermeintlich gegensätzlichen Gruppierungen, schreibt Rickenbacher.
Der vollständige Antisemitismusbericht ist zu finden unter www.antisemitismus.ch
Für weitere Fragen:
Sabine Simkhovitch-Dreyfus, Vizepräsidentin SIG, Tel: +41 (0)43 305 07 72
Pascal Pernet, Präsident GRA, Tel: +41 (0)58 666 89 66