«Wir schaffen's gemeinsam» Wir, die Einwohnerinnen und Einwohner der Schweiz, haben ein zwiespältiges Verhältnis zur Flüchtlingsfrage. Während wir immer wieder unsere Hilfsbereitschaft für die Flüchtlinge unter Beweis stellen, neigen wir gleichzeitig zu einer Abwehrhaltung. Es gibt eine grosse Bereitschaft in unserem Volk, über Hilfswerke und soziale Institutionen den Menschen in Not zu helfen und die vielfältigen Formen des Leides zu mildern. So hat die Schweizer Bevölkerung in den vergangenen Jahrzehnten bis heute Milliarden Franken an Spendengelder für die Hilfswerke gesammelt und Steuergelder grosszügig eingesetzt. Gleichzeitig werden negative und warnende Stimmen laut, wenn es um die Frage nach dem Umgang mit den Flüchtlingen und Asylsuchenden geht. Auch diese Stimmen muss man ernst nehmen. Sie kommen aus der schmerzlichen Erfahrung, dass unserem Helfen Grenzen gesetzt sind.
Flucht und Migration sind als Phänomene nicht neu. Schon in der Bibel ist der Mensch unterwegs, wird zu einem Fremden ausserhalb der vertrauten Umgebung und des gewohnten Alltags, ist entwurzelt. Was heute jedoch neu ist, sind das Ausmass und die Intensität, in der sich die moderne Völkerwanderung in ihren verschiedensten Formen gestaltet.
Millionen von Menschen werden jährlich durch kriegerische Auseinandersetzungen, Wirtschaftskrisen, Umwelt- und Hungerkatastrophen aus ihren Heimatländern vertrieben. Sie sind gezwungen, Zuflucht zu suchen und eine neue Existenz aufzubauen. Wenn möglich finden sie Aufnahme in einem Nachbarland, doch gibt es viele, die sich in ferne und fremde Länder begeben müssen. Diese Menschen sind fast über Nacht unsere Nachbarn, unsere Mitbewohner, unsere Nächsten geworden.
Unser Glaube verteidigt gegen die verschiedenen Formen der Erniedrigung der Menschen kompromisslos die Würde des Menschen. Die Bibel verkündet den Menschen als Abbild Gottes. Hier liegt begründet, warum wir uns für den verfolgten und entehrten Menschen einsetzen sollen: Judentum und Christentum lehren, dass der Mensch Geschöpf Gottes ist, gerufen Gottes Abbild zu sein. Sind Menschen in Not, gebietet uns nicht nur die Nächstenliebe, diesen Menschen beizustehen, sondern auch eine echte und lebendige Gottesliebe. Wir können nicht Gott lieben und den Mitmenschen, der Geschöpf und Abbild Gottes ist, zugrunde gehen lassen.
Nöte, die einbrechen, Probleme, die anstehen, Schwierigkeiten, die sich auftürmen, können nur bewältigt werden, wo Solidarität die Menschen zum gemeinsamen Tun verbindet – ganz im Sinne des diesjährigen Mottos zum Flüchtlingssonntag, «Wir schaffen’s gemeinsam!».