Die jüdische Gemeinde in Delémont wurde im 19. Jahrhundert von Glaubensbrüdern gegründet, welche aus kleinen elsässischen Gemeinden kamen - vor allem aus Hegenheim, Niederhagenthal, Oberhagenthal, Dürmenach und Niedersept, um nur einige zu nennen, deren Namen immer wieder auftauchen.

Der erste Jude, dem die Ansiedlung genehmigt wurde, kam aus Oberhagenthal, und er liess sich 1834 in Delémont nieder. Grundsätzlich beginnt die Ansiedlung von Juden in Delémont etwas später als in Porrentruy. Im Jahr 1834 zog auch die Familie Schoppig aus Oberhagenthal nach Delémont und begründete damit ihren Familiensitz, der mehr als eineinhalb Jahrhunderte erhalten blieb. 1850 wohnten bereits 36 Juden in der Stadt. Ab dann wuchs ihre Anzahl stetig; eine Kultusgemeinschaft wurde gegründet, die zum ersten Mal 1872 erwähnt wird, und die Gottesdienste fanden nun in der Orangerie des Schlosses Delémont statt.

In den darauf folgenden Jahren entstand in der Gemeinde das Projekt, eine Synagoge zu bauen. Das notwendige Geld wurde von verschiedenen Quellen gesammelt, sowohl in der Schweiz als auch in Frankreich. Besonders erfreulich war es für die Gemeinde, dass Baron Edmond von Rothschild 1000 Franken für den Bau stiftete.

Die Synagoge, errichtet nach Plänen des Mülhausener Architekten Arthur Roos, wurde am 20. September 1911 eingeweiht. Zu dieser Zeit hatte die Gemeinde in Delémont 85 Mitglieder. Rabbiner Cohn aus Basel hielt die Predigt und segnete das neue Gotteshaus. Die jüdische Gemeinde war auf dem Höhepunkt ihrer Geschichte angelangt.

Die Juden von Delémont blieben ihrem traditionellem Gewerbe treu. Aus wandernden Händlern wurden im Laufe der Zeit jedoch angesehene Kaufleute, die mit Stoffen, Kleidung, Wäsche, Hüten, Regenschirmen, Möbeln und anderem handelten. Sie wurden Grosshändler für Stoffe aller Art, für Leder, Bettwäsche, Feinkost, Uhren und sogar Vieh- und Pferdehändler.

Mit dem Viehhandel trugen die Juden von Delémont und ihre Nachfahren stark zur wirtschaftlichen Entwicklung des Jura bei. Schon vor Beginn des 19. Jahrhunderts gehörten die Täler des Jura zum Handelsgebiet der jüdischen Viehhändler aus dem Elsass. Die Beziehungen zwischen den jüdischen Händlern und den Bauern des Jura wären es sicher Wert, in Zukunft einmal genauer betrachtet zu werden.

Zur Zeit der Fürstbischöfe waren die Geschäftstätigkeit und der Aufenthalt von Juden durch zahlreiche behördliche Auflagen beschränkt. 1783 wurde ein Hirtenbrief gegen die „Juden, die täglich in der Stadt Delémont Handel treiben“ verfasst, und 1787 wurde ihnen verboten, „jegliche Silber- oder Kupfermünzen zu kaufen“. Die Behörden von Delémont untersagten ihnen nicht nur, ausserhalb von Gasthöfen zu wohnen, sondern auch den Zugang zur Stadt an bestimmten, zuvor bekannt gegebenen Tagen. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts war es für Elsässer Juden bereits sehr schwierig, die Genehmigung zur Niederlassung in Delémont zu erhalten.

1990 bestand die Gemeinde nur noch aus sieben Mitgliedern: zwei Männern und fünf verwitweten Frauen. Der letzte Gottesdienst in der Synagoge fand 1970 statt. Seither gelang es nicht mehr, die zehn Männer zu versammeln, die für einen Gottesdienst notwendig sind, und die Synagoge steht leer. Eine Stiftung und der Verein der Freunde der Synagoge unterhalten jedoch die Räume, so gut es ihnen ihre spärlichen Mittel gestatten. Sie sorgten auch für die Restauration des ersten Leichenwagens von 1830, der Garage und der einzigen Geniza in der Schweiz.

Heute besteht die Gemeinschaft aus einem jüdischen Ehepaar, einem Junggesellen, einer Witwe und drei Frauen, die mit Nichtjuden verheiratet sind.

Autorin

Marianne Studer, 2009

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