Mittelalter

Erstmals werden Juden in Solothurn 1277 genannt. Die Geschichte der Juden im Kanton Solothurn war ebenso wechselhaft und über weite Strecken leidensvoll wie andernorts in der Schweiz. Im Mittelalter genossen sie auch auf solothurnischem Gebiet den «Schutz und Schirm» des Kaisers. Ihre wirtschaftlichen Aktivitäten mussten sie auf den Geldverleih und den Handel beschränken. Die Landwirtschaft und das Gewerbe waren ihnen verwehrt, Grund- und Liegenschaftenbesitz ab dem Spätmittelalter verboten. Auch in Solothurn handelte es sich also primär um eine Geschichte der vorübergehenden Duldung, Ausgrenzung und Verfolgung, besonders akut nach dem Ausbruch der Pest von 1348. So wurden die Juden der Stadt im November desselben Jahres verbrannt. 1353 verzieh Kaiser Karl IV. der Stadt die Ermordung der Juden. In der zweiten Hälfte des 14. Jahrhundert lebten wieder einige Juden in Solothurn. 1377 wurden zwei jüdische Familien in der Stadt aufgenommen, die vom Geldhandel lebten. 1409 erlaubte König Ruprecht der Stadt Solothurn, 40 Jahre lang den Juden den Aufenthalt in der Stadt zu gestatten. Nach 1456 gibt es keine Hinweise mehr auf Juden im Ort.

Neuzeit

Offenbar gab es jedoch auf Kantonsgebiet weiterhin Juden. Die niemals ausbleibenden Diskriminierungen erreichten ihren Höhepunkt 1787, als die Regierung mit einem «Judenmandat» die wirtschaftliche Tätigkeit der Juden weiter einschränkte. Ihre Rechtslage unterschied sich auf solothurnischem Gebiet nicht wesentlich von derjenigen der Juden in der übrigen Eidgenossenschaft. Erst nach der französischen Besetzung der Schweiz 1798 ergaben sich erste Verbesserungen. Der Solothurner Abgeordnete im helvetischen Staatsrat, Urs Josef Lüthy, der sich besonders für die Rechtsgleichheit eingesetzt hatte, erreichte immerhin, dass den Juden die Niederlassungs- und Gewerbefreiheit sowie der Erwerb von Liegenschaften zugestanden wurden. Mit dem Hausiergesetz von 1823, das ihnen im ganzen Kanton das Hausieren verbot, erfuhr die ohnehin diskriminierte jüdische Minderheit nach dem Fall Napoleons (1815) und dem Einsetzen der Restauration jedoch wieder eine rechtliche Einschränkung, auch wenn die Solothurner Obrigkeit sich im Einzelfall nicht streng an den Gesetzesbuchstaben hielt.

Gemeindegründung

Geografisch waren es die Städte Solothurn und Olten, branchenmässig der Vieh- und Pferde- sowie der Tuch- und Textilhandel, in denen die ersten fest im Kanton niedergelassenen Juden ab 1860 hauptsächlich vertreten waren. In der Kantonshauptstadt war der Grossviehhandel bis zur Jahrhundertwende ausschliesslich in jüdischer Hand. Die Anwesenheit der jüdischen Grossviehhändler in Solothurn war nicht nur für das Wirtschaftsleben der Stadt von Bedeutung, sie trug auch dazu bei, dass in der Aarestadt während einiger Jahrzehnte wieder jüdisches Leben erblühte, nachdem es im Hochmittelalter so abrupt ausgelöscht worden war. Die Gründung der Israelitischen Kultusgemeinde Solothurn zu Beginn der 1860er Jahre legt Zeugnis davon ab. Sie setzte den Anfangspunkt zu einer über 140-jährigen Gemeindegeschichte.

Olten

Auch in Olten gab es seit je eine Anzahl mobiler jüdischer Marktfahrer und später niedergelassene Viehhändler und Kaufleute. Letzteres geschah jedoch erst ab den 1860er Jahren. Die Dreitannenstadt war derjenige Ort im Kanton, der sich besonders lange und hartnäckig gegen die Niederlassung von Juden zur Wehr setzte. Andererseits war es ausgerechnet Olten, das bereits wenige Jahre später zuerst und am meisten Juden einbürgerte, wenn auch mit grosser Wahrscheinlichkeit nicht ohne den Hintergedanken des finanziellen Gewinns. Vertreten waren die Juden ebenso in Olten primär im Vieh- und Pferde- sowie im Textilhandel. Im Gegensatz zur Kantonshauptstadt gab es in Olten jedoch nie eine eigene jüdische Gemeinde. Die Oltner Jüdinnen und Juden schlossen sich je nach Herkunft den Gemeinden Basels, Berns oder Zürichs an.

Persönlichkeiten

Die jüdische Präsenz wirkte sich auch auf der kulturellen Ebene positiv aus. Leo Delsen und Markus Breitner prägten als Direktoren des Städtebundtheaters Solothurn-Biel während vier Jahrzehnten das Theaterleben der ehemaligen Ambassadorenstadt, wobei Delsen mit seinen Theaterbühnen zur Zeit des Nationalsozialismus zahlreichen jüdischen Schauspielerinnen und Schauspielern einen sicheren Hafen vor der Verfolgung bot.

Akzeptanz

Der Faschismus und der Nationalsozialismus hinterliessen auch in Solothurn ihre Spuren. Im Gegensatz zu anderen Orten in der Schweiz beschränkten sich die antisemitischen Auswüchse jedoch auf die verbale Ebene. Die Tatsache, dass Jüdinnen und Juden, wenn auch immer in kleiner Zahl, über Jahrzehnte im Kanton Solothurn ansässig waren und ein wirtschaftliches Auskommen fanden, zeigt, dass trotz der vorhandenen Konflikte und Ressentiments ein überwiegend gelungenes Zusammenleben möglich war. Die Zahl der Juden in Solothurn ist seit Jahrzehnten in der Abnahme begriffen. 1986 wurde der Betsaal aufgehoben, da die Jüdische Gemeinde Solothurn damals das in ihrem Besitz befindliche Haus verkaufte. Das komplette Inventar (Tische, Bänke, Thoraschrank und Kultusgegenstände etc.) wurde damals als Leibgabe dem Jüdischen Museum in Basel übergeben. Eine der Thorarollen ging an die Jüdische Gemeinde Bern.

Autorin

Karin Huser, 2009

Literatur

Karin Huser, Vieh- und Textilhändler an der Aare. Geschichte der Juden im Kanton Solothurn vom Mittelalter bis heute, Chronos Verlag Zürich 2007.

http://www.alemannia-judaica.de/solothurn_synagoge.htm (eingesehen am 7. Juli 2009)

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