Biel ist eine Stadt am Jurasüdfuss. Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts war sie ein Teil des Fürstbistums Basel, seit 1815 gehört sie zum Kanton Bern.

Mittelalter

Wann die ersten Juden nach Biel kamen, ist unbekannt. Die ersten nachweislichen Spuren finden sich 1305. Damals erhielt die jüdische Witwe Guta mit ihren Kindern die Erlaubnis, sich in Biel niederzulassen, zwei Häuser zu kaufen, Handel zu treiben, Geld zu verleihen und Vieh zu schächten.

Über den weiteren Verlauf der Geschichte der Juden im 14. Jahrhundert ist mangels Dokumenten und anderer Quellen wenig bekannt, doch scheint es, dass es in Biel keine Judenverfolgungen im Zusammenhang mit der Pest gab. Zwischen 1416 und 1451 lebten eine oder mehrere jüdische Familien in Biel. Nach der Vertreibung der Juden aus Bern zog die Grossfamilie des Isaak von Péry 1427 nach Biel, wo sie bis 1451 blieb. Die Nachfahren Isaaks von Péry gingen dann weiter nach Neuenburg. Danach gab es bis ins 19. Jahrhundert keine Juden mehr in Biel.

Neuzeit

1834 wurde Nathan Grumbach, Handelsmann aus dem Elsass, mit Familie aufgenommen. Gemäss der Volkszählung von 1856 gab es in Biel 33 Israeliten, 28 Männer und 5 Frauen, das heisst knapp ein Prozent der Bieler Bevölkerung war jüdisch.

Gemeindegründung

Zwei Jahre später erhielten die Bieler Juden vom Berner Regierungsrat die Erlaubnis, einen Gottesdienst ausüben zu dürfen. Datiert ist dieses Dokument vom 27. Oktober 1858; es stellt die offizielle Entstehung der Israelitische Cultusgemeinde Biel (ICB) dar. Die meisten Bieler Juden stammten aus dem Elsass, die ICB unterstand dem Hegenheimer Rabbinat, die Gemeinde selbst hatte nur einen „ministre officiant“. Als erster übte dieses Amt Léon M. Wormser aus. Ihm folgte Benzian Taubé.

Rabbiner

Erst 1917 wurde mit Chaim Lauer ein ordentlicher Rabbiner gewählt. Er war, mit Unterbrechung, bis zu seinem Tod 1945 Rabbiner in Biel. Seine Nachfolger waren Aron Silberstein, Benjamin Barsilai und Aharon Daum.

Synagoge und Friedhof

Seit 1883 gibt es in Biel eine Synagoge, die im damals üblichen maurischen Stil erbaut wurde und heute, schön renoviert, leider kaum mehr gebraucht wird. Bis 1894 verfügten die Bieler Juden über keinen eigenen Friedhof, danach wurde ihnen auf den städtischen Friedhöfen jeweils eine eigene Parzelle zugewiesen.

Zweite Gemeinde

Bis ins 20. Jahrhundert hinein bewahrte die ICB ihren elsässischen Charakter. Deshalb gründeten die aus Osteuropa stammenden Juden 1923 eine eigene, Adass Jisroel genannte Gemeinde. Gemäss einem Bericht der Israelitischen Wochenzeitung IW gab es damals 50 ostjüdische Familien in Biel. Über diese Gemeinde ist mangels Dokumente wenig bekannt.

Uhren und Politik

Biel war und ist eine Industriestadt. Dies zeigt sich auch an der Berufsstruktur der Juden, von denen die meisten bis Mitte des 20. Jahrhunderts in der Uhrenindustrie oder im Handel tätig waren. In Biel gab es praktisch keinen Antisemitismus, und schon 1866 wurde der erste Jude, Ludwig Gerson, in ein politisches Amt gewählt. Zwischen 1897 und 1920 war neben einigen anderen Juden der Uhrenfabrikant René Blum-Goschler als Vertreter des „Parti radical romand“ Mitglied des städtischen Parlaments und auch mehrere Jahre lang dessen Vizepräsident. Seit 1920 wurde Biel von einer sozialdemokratischen Regierung geleitet (das rote Biel).

Zweiter Weltkrieg

Als im Spätherbst 1942 Hunderte von jüdischen Flüchtlingen im „Concentrationslager“ Büren an der Aare. untergebracht wurde, beteiligte sich Biel unter Führung seines Stadtpräsidenten Guido Müller aktiv an der Kleidersammlung für die Flüchtlinge. Guido Müller war auch ein engagierter Kritiker der schweizerischen Flüchtlingspolitik, der im Nationalrat wichtige Voten unter anderem gegen die Einführung des Juden-Stempels einbrachte.

Demographie

Gemäss den Volkszählungen lebten im Jahre 1900 337 Juden in Biel. 1920, auf dem Höhepunkt der jüdischen Gemeinschaft, waren es 443, 1960 231 und im Jahre 2000 nur noch 65. Die jüdische Gemeinde Biel-Bienne, wie sie jetzt heisst, führt heute keine regelmässigen Gottesdienste mehr durch, sie hat keine eigene Religionsschule und keinen eigenen Rabbiner, sondern wird vom Rabbinat Bern betreut.

Autorin

Annette Brunschwig, 2009

Literatur

Annette Brunschwig: Heimat Biel. Geschichte der Juden in einer Schweizer Stadt vom Spätmittelalter bis 1945, in: Beiträge zur Geschichte und Kultur der Juden in der Schweiz, Band 15, 2011.

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