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Pessach-Special: Gedanken eines jüdischen Alphornbläsers zu Pessach

Der Alphornbläser Martin Mürner, bekannt von den Plakaten der SIG-Ausstellung «150 Jahre Gleichberechtigung der Schweizer Juden», befasst sich nicht nur mit traditioneller jüdischer Musik. Er nimmt auch regelmässig an einem durch das SIG-Ressort Religiöses durchgeführten Gmara-Shiur in der Jüdischen Gemeinde Bern teil. An Pessach spielt für ihn sein Alphorn, oder Schofar gadol (grosses Widderhorn), wie er es auch nennt, eine wichtige Rolle.

«Jeweils nach Purim beginnt meine innere Uhr, teilweise mit Vorfreude, aber auch mit Sorge, die Tage bis zum ersten Seder zu zählen. Planen, organisieren, putzen, einkaufen und vorbereiten der Texte und Melodien. Dabei immer wieder den aktuellen Bezug zur Gegenwart suchen, und zur grossen Überraschung ist es bis jetzt jedes Jahr gelungen. Der erlösende Kidusch am Seder ist dann für mich wie der erste Ton in einem lang ersehnten Konzert.»

22. September 1958, Hornist und Restaurator, Bern

Ich bin ein jüdischer Alphornbläser, und für mich heisst das Instrument auf «Jüdisch» Schofar gadol (grosses Widderhorn). Im Monat Elul, vor Rosch Haschana, dem jüdischen Neujahr, spiele ich wie viele traditionelle Juden jeden Morgen das Schofar, es soll uns aufwecken und in die Stimmung des Neuanfangs bringen. Auch mit dem Alphorn kann ich Emotionen wecken, und da es viel länger ist als das Schofar, kann man Melodien spielen. Mit unserem Alphornquartett spielen wir traditionelle Schweizer Volksmelodien, selber arrangierte und komponierte Stücke, moderne und experimentelle Stücke bis hin zum Jazz. Wir spielen auch jüdische Melodien, dazu brauchen wir Alphörner in verschiedenen Längen. Viel Genugtuung bereitet es mir, wenn es gelingt, Verbindungen zu schaffen: ländlich–urban, alt–modern, schweizerisch–jüdisch, wobei Letzteres ein bisschen provokativ gemeint ist. Mich interessiert immer zuerst der Urtext; in meinem Hauptberuf als Orchestermusiker spielen wir der Epoche und der Herkunft der Musik gemässe Instrumente. Der originale Notentext ist sehr wichtig für eine inspirierte Interpretation. Was mir im Judentum sehr gefällt, ist, dass wir den Text (Tora) schon seit Urzeiten im Urtext lesen und erst danach zu den verschiedenen Auslegungen kommen. Etwas mehr Mut zur Anpassung an eine moderne Welt, zum Beispiel die Gleichstellung der Frau im Judentum, würde ich mir wünschen.

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