Die Delegiertenversammlung 2010 des SIG mit Vorabendveranstaltung fand am 12. und 13. Mai 2010 in Genf statt. Im Zentrum stand insbesondere das Podium zum Verhältnis von Staat und Religion.
Zum Auftakt der Delegiertenversammlung am 12. Mai diskutierten führende Vertreter aus allen grossen Parteien der Schweiz angeregt und kontrovers unter Leitung der Journalistin Esther Mamarbachi über das aktuelle Thema «Wie viel Religion verträgt der Staat?». Zu diesem aktuellen und brisanten Thema diskutierte am 12. Mai das folgende hochkarätige Podium:
- Martine Brunschwig Graf, Nationalrätin Kanton Genf, FDP
- Christophe Darbellay, Nationalrat Kanton Wallis und Präsident CVP
- Oskar Freysinger, Nationalrat Kanton Wallis, SVP
- Ada Marra, Nationalrätin Kanton Waadt, SP
- Ueli Leuenberger, Nationalrat Kanton Genf und Präsident Grüne Partei
- Sabine Simkhovitch-Dreyfus, Vizepräsidentin des SIG und der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus (EKR)
Sabine Simkhovitch-Dreyfus betonte, dass im Anschluss an die Annahme des Minarettverbotes die Wahrung der Religionsfreiheit und des Diskriminierungsverbotes auch für die Juden in der Schweiz bedeutender denn je sei. Seit Jahren praktizierte Lösungen, welche es ihnen erlauben Ihren Glauben zu praktizieren, werden in Frage gestellt. Auch als Schweizer Bürgerin sei sie darüber besorgt, dass der aktuelle politische Diskurs die eigentlichen Probleme nicht löse und sich negativ auf das gesellschaftliche Zusammenleben auswirke.
Diversité Juive
Am nachfolgenden Festakt pries SIG-Präsident Herbert Winter Genf als «Leuchtturm für das Schweizer Judentum und für die Werte, die es hoch hält». Die Stadt der Diplomatie, in der 1936 der World Jewish Congress gegründet wurde, strahle «jene Weltoffenheit aus, der wir uns besonders verbunden fühlen». Ganz nach dem Motto des Abends «Diversité Juive» seien in Genf die vielfältigen herkunftsmässigen und religiösen Schattierungen des Judentums vertreten.
Im Zentrum der Rede von Winter standen die schwierigen Folgediskussionen nach der Annahme der Minarettsverbots-Initiative. Nun sei die Frage nach dem Spannungsverhältnis zwischen Staat und Religion, aber auch zwischen direkter Demokratie und Rechtsstaat neu und unerwartet gestellt worden. Zwingendes Völkerrecht und verfassungsmässige Grundrechte, wie zum Beispiel die Religionsfreiheit, seien unverhandelbar, und «sie dürfen unter keinem Vorwand zur Disposition stehen». In seinen weiteren Ausführungen unterstrich Winter, dass Israel den Schweizer Juden «sehr am Herzen liege», der SIG aber nicht «Sprachrohr der israelischen Regierung» sei.
Wahl von Francine Brunschwig in die Geschäftsleitung
Die Delegiertenversammlung wählte am nächsten Tag Francine Brunschwig aus Lausanne als neues Mitglied in die Geschäftsleitung. Sie übernimmt das Ressort Kultur. Dem statutarischen Teil gingen Workshops zu Themen, die die jüdische Gemeinschaft in der Schweiz berühren – regionale Zusammenarbeit, jüdische Bedürfnisse und Staat, sowie Zukunft der jüdischen Gemeinden – voraus.