Die Delegiertenversammlung des SIG vom 13. Mai 2015 drehte sich um den Dialog mit Politik, Behörden und vor allem um jenen mit anderen Religionen.
An der Delegiertenversammlung des SIG in Basel stand der Dialog im Zentrum. Dieser sei gerade in schwierigen Zeiten besonders wichtig, betonte SIG-Präsident Herbert Winter am festlichen Vorabend der Versammlung vor den rund 350 Gästen, darunter Delegierte der jüdischen Gemeinden, Repräsentanten anderer Religionen und Politiker.
Anschläge auf Juden in Europa hätten viele Schweizer Juden verunsichert, sagte Winter. Er nannte nebst verstärkter Sicherheitsmassnahmen, welche der SIG von Politik und Behörden einfordert, den Austausch auf Augenhöhe ein wirksames Mittel gegen die Verunsicherung: «Dialog ist nicht die einfachste, aber die nachhaltigste Antwort auf Unsicherheit, Spannungen und Antisemitismus.» Neben dem Gespräch mit der Politik liege dem SIG insbesondere der interreligiöse Dialog am Herzen – sowohl auf institutioneller als auch auf ganz persönlicher Ebene.
Gespräch mit anderen Religionen «kein Sonntagsspaziergang»
«Ich empfinde grosse Genugtuung darüber, dass die anderen Religionen uns heute als gleichberechtigte, wichtige Akteure in der Schweizer Gesellschaft wahrnehmen und schätzen», betonte Winter. Interreligiöser Dialog sei aber "kein Sonntagsspaziergang»: Wir wissen um die kritischen Punkte, die etwa in den Diskussionen mit den Muslimen behandelt werden müssen. Dass radikale Islamisten in der Schweiz Sympathisanten hätten, sei beunruhigend. Mit diesen sei eine Verständigung nicht möglich. Umso wichtiger und wertvoller sei der Dialog mit dem Grossteil der Muslime, welcher die Ideologie des radikalen Islamismus entschieden ablehne.
Kritische Punkte gibt es laut Winter auch im Gespräch mit Christen. «Doch es sind Meinungsverschiedenheiten, wie sie zwischen Partnern immer wieder vorkommen können. Sie lösen Verstimmungen aus, die wir aber heute im Geiste des gegenseitigen Respektes in gemeinsamen Gesprächen austragen.» Anders als früher sei das Verhältnis zwischen Juden- und Christentum nicht mehr von Antijudaismus belastet, sondern von Vertrauen und gegenseitiger Wertschätzung geprägt.
Zunehmende Skepsis gegenüber Religion an sich
Juden, Christen und Muslime hätten heute laut Winter teilweise mit ähnlichen Problemen zu kämpfen: Beispielsweise mit einer zunehmenden Skepsis der Mehrheitsgesellschaft gegenüber Religion an sich.
Auch die Podiumsdiskussion, die im Rahmen der Delegiertenversammlung stattfand, stand im Zeichen des Dialogs. Auf dem Podium sassen neben Moderator Gabriel Strenger Kardinal Kurt Koch und Rabbiner David Rosen, Ehrenpräsident des Internationalen Rates der Christen und Juden. Diskutiert wurde, was die «Nostra Aetate»-Erklärung des Vatikans bisher erreicht hat und was sie für Gegenwart und Zukunft bedeutet. Die Erklärung ebnete vor 50 Jahren den Weg für einen institutionalisierten Dialog zwischen Judentum und katholischer Kirche.
Videos
Begrüssung Dr. Jonathan Kreutner
Generalsekretär des SIG
Begrüssung Guy Rueff
Präsident der Israelitischen Gemeinde Basel
Eingangsworte Rabbiner Yaron Nisenholz
Rabbiner der Israelitischen Gemeinde Basel
Grussworte Dr. Guy Morin
Regierungspräsident des Kantons Basel-Stadt
Rede Herbert Winter
Präsident des SIG
Podiumsgespräch «Interreligiöser Dialog: Wohin?»
Kurienkardinal Kurt Koch
vatikanischer Ökumene-Verantwortlicher und Präsident der päpstlichen Kommission für die religiösen Beziehungen zum Judentum
Rabbiner David Rosen
Ehrenpräsident des Internationalen Rates der Christen und Juden
Moderation: Gabriel Strenger
-
Beiträge der SRF Tagesschau vom 14. Mai 2015
-
Schweizer Juden sind besorgt
Die Zahl der antisemitischen Vorfälle, die sich im Vorjahr zum Beispiel in Grossbritannien, Frankreich oder auch Österreich verdoppelt hat: Das macht auch den Juden in der Schweiz Sorgen. An der Delegiertenversammlung des Israelitischen Gemeindebundes in Basel zeigte sich das ganz deutlich.
-
Jüdischer Dialog mit anderen Religionen
Die Schweizer Juden setzen auf Dialog mit den anderen Religionen. Was das konkret bedeuten kann, das zeigt das Beispiel das SIG-Projekts «Likrat». Jüdische Jugendliche gehen dabei in Schulklassen und berichten über sich und ihre Religion. Der Tagesschau-Reporter war bei einem solchen Schulbesuch im Gymnasium Münchenbuchsee dabei.