Am 19. Mai 2019, fand in Zürich die DV mit anschliessender Abendveranstaltung des SIG statt. Im Vordergrund standen die Themen Antisemitismus und Sicherheit. Als Hauptgast war Bundesrat Ignazio Cassis eingeladen.

Zum 114. Mal trafen sich die Delegierten der 16 SIG-Mitgliedgemeinden der Schweiz zur Delegiertenversammlung Die diesjährige Ausgabe fand in Zürich statt und bot eine Premiere: Zum ersten Mal waren gleich alle drei Zürcher SIG-Gemeinden in der Gastgeberrolle: die Israelitische Cultusgemeinde Zürich ICZ, die Israelitische Religionsgesellschaft IRG und die Jüdische Gemeinde Agudas Achim. Auf die DV, die im Gemeindehaus der IRG stattfand, folgte im Gemeindezentrum der ICZ die Abendveranstaltung mit dem Besuch von Bundesrat Ignazio Cassis. Die DV vom Morgen im Gemeindehaus der IRG zog rund 100 teilnehmende Delegierte aus der ganzen Schweiz an.

Resolution zur IHRA-Definition und BDS

Den ganzen Tag über bestimmte die Sorge um antisemitische Entwicklungen weltweit aber auch in der Schweiz die Debatten. So verabschiedeten die Delegierten eine Resolution, in der die Politik zum verstärkten Handeln aufgefordert wird. Die zuständigen Behörden werden aufgerufen, alles in ihrer Macht Stehende zu unternehmen, um Antisemitismus zu bekämpfen und die Antisemitismusdefinition der International Holocaust Remembrance Alliance IHRA offiziell anzuerkennen. Ausserdem werden die eidgenössischen Räte dazu aufgerufen, dem deutschen Bundestag zu folgen und zu erklären, dass die Argumente, die Handlungsmuster und Methoden der BDS-Bewegung (Boycott, Divestment and Sanctions) antisemitisch sind und nicht gefördert oder finanziert werden sollten.

Rede des Präsidenten — Vielfalt erhalten

SIG-Präsident Herbert Winter widmete seine Begrüssungsrede dem Thema Vielfalt. Dabei stellte er allerdings in Frage, ob das Bild der Schweiz als ein Land der Vielfalt in der heutigen Zeit noch aufrechtzuerhalten sei. Das Verständnis für Minderheiten und besonders für religiöse Minderheiten habe abgenommen. Ursächlich dafür sei die fortschreitende Säkularisierung der Gesellschaft. Es sei auch zu beobachten, dass sich schleichend ein Menschenbild verfestige, das genau festleget, wie jemand zu leben und zu sein hätte. Winter rief dazu auf, dass sich Gesellschaft, Politik und Medien wieder bewusst machen müssten, was Vielfalt tatsächlich bedeutete. Für diese Vielfalt müsse auch die jüdische Gemeinschaft etwas tun. Denn gegenseitige Anerkennung und Respekt würden nicht immer leichtfallen. Umso erfreulicher sei es, dass drei so unterschiedlich ausgerichtete SIG-Gemeinden die diesjährige DV ausrichteten. «Das ist gelebte Vielfalt», bekräftigte Winter.


Abendveranstaltung

Anschliessend an die SIG-Delegiertenversammlung fand am Sonntag, den 19. Mai 2019, eine öffentliche Abendveranstaltung in Zürich statt. Die Abendveranstaltung im Anschluss mit über 500 Gästen im ICZ-Gemeindezentrum war schon seit Wochen ausgebucht und bis auf den letzten Platz gefüllt. Als weitere Premiere wartete der Zürcher Synagogenchor, zusammengesetzt aus Sängern aus den verschiedenen Gemeinden, mit exklusiv für diesen Anlass kreierten Gesangseinlagen auf. Die Reden des Abends drehten sich mehrheitlich um die Themen Sicherheit, Antisemitismus und die Stellung der Juden und anderer Minderheiten in der Gesellschaft.

SIG-Präsident fordert Mut zur Vielfalt

Schon den ganzen Tag über bestimmte die Sorge um antisemitische Entwicklungen weltweit aber auch in der Schweiz die Debatten. Als besonders besorgniserregend stellte SIG-Präsident Herbert Winter in seiner Rede am Abend die starke Zunahme von Hassrede und die Verbreitung von antisemitischen Verschwörungstheorien im Internet heraus. Die Sicherheitsanstrengungen der jüdischen Gemeinschaft hingen direkt mit diesen Phänomenen zusammen. Das hätten die Anschläge der letzten Monate weltweit gezeigt. Bis jetzt sei der Fokus praktisch nur auf islamistische Terroristen gerichtet gewesen. Die rechtsextreme Gefahr sei aber bis jetzt unterschätzt worden. Nun müssten sich die Sicherheitsbehörden in der Schweiz auch vermehrt mit rechtsextremen Kreisen auseinandersetzen. SIG-Präsident Winter strich schliesslich heraus, dass der Blick auch auf die Grundlagen unserer Gesellschaft, deren Werte und Selbstverständnis, gerichtet werden solle. Er appellierte daran, dass die Schweiz ein Land geeint in Vielfalt bleiben und dass Unterschiede unter Menschen akzeptiert werden müssten: «Dafür müssen wir Sorge tragen und es auch manchmal aushalten, dass wir nicht alle gleich aussehen, uns gleich verhalten oder gleich denken.»

Zürich wird sich an den Sicherheitskosten beteiligen

Zürichs Stadtpräsidentin Corine Mauch wie auch die Regierungspräsidentin des Kantons Zürich Carmen Walker Späh unterstrichen beide die Wichtigkeit einer vielfältigen und offenen Gesellschaft. Walker Späh machte ebenfalls deutlich, dass dazu auch die Unterstützung der jüdischen Gemeinschaft durch den Staat gehöre. Im Bereich Sicherheit wiederholte sie nochmals die Bereitschaft des Kantons, sich an den Kosten für die Sicherheit von Minderheiten mit besonderen Schutzbedürfnissen zu beteiligen. Stadtpräsidentin Mauch kündigte ausserdem zum ersten Mal öffentlich an, dass sich auch die Stadt Zürich an den Kosten entsprechend dem Engagement des Bundes und Kantons beteiligen werde: «Bund und Kanton wollen sich engagieren. Da stehen wir nicht abseits und werden unseren Teil leisten. Das ist für den Stadtrat eine klare Sache.»

Der Bundesrat zur neuen aussenpolitischen Strategie im Nahen und Mittleren Osten

Höhepunkt des Tages war der Besuch von Bundesrat und Aussenminister Ignazio Cassis. Der Bundesrat und Aussenminister liess in seiner Rede 70 Jahre diplomatische Beziehungen zwischen der Schweiz und Israel Revue passieren. In den letzten Jahren seien diese Beziehungen vielfältiger und intensiver geworden. Bundesrat Cassis äusserte sich ausserdem zur der sich in Erarbeitung befindenden neuen aussenpolitischen Strategie im «Nahen und Mittleren Osten». Er bekräftigte das vitale Interesse der Schweiz an einer stabilen Situation in dieser Region. Als Ideen für das zukünftige Vorgehen nannte er das eigene Einbringen in politische Gremien im Rahmen der guten Dienste, den Ausbau wirtschaftlicher Beziehungen oder auch das Engagement bei der Reform der UNO-Agentur UNRWA. Ausserdem solle die Zusammenarbeit mit NGOs in der Region wirksamer, die Kräfte gebündelt und keine Tätigkeiten von NGOs, die zu Hass und Gewalt aufrufen, finanziert werden.

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