Der Bundesrat stimmt Motion zur Einsetzung einer Kommission für NS-verfolgungsbedingt entzogenes Kulturgut teilweise zu
Der Bundesrat befürwortet die Motion zur Schaffung einer unabhängigen und nationalen Expertenkommission. SIG und PLJS sind allerdings enttäuscht, dass der Bundesrat die ebenfalls geforderten Rahmenbedingungen vorerst ablehnt.
Der Bundesrat hat heute teilweise einer parlamentarischen Motion zugestimmt, welche die Einsetzung einer unabhängigen nationalen Kommission fordert. Diese Kommission soll in Zukunft in Fällen von NS-verfolgungsbedingtem Kulturgutverlust Empfehlungen über die Rückgabe an die ursprünglichen Eigentümerinnen und Eigentümer abgeben. Die Motion, die im Dezember 2021 eingereicht wurde, war eine Reaktion auf die heftige und anhaltende Kritik an der Ausstellung der umstrittenen Sammlung von Emil G. Bührle im Erweiterungsbau des Kunsthauses Zürich. Die sechs vom Motionär für die Kommission vorgesehenen Rahmenbedingungen, die auch vom SIG und der Plattform der Liberalen Juden der Schweiz PLJS gefordert wurden, lehnt der Bundesrat jedoch als verfrüht und nicht zielführend ab.
Kein Unterschied zwischen Raubkunst und Fluchtkunst
Besonders die im Motionstext unter Punkt 3 vermerkte Rahmenbedingung, wonach die Unterscheidung zwischen Raubkunst und Fluchtkunst zugunsten des Begriffs «NS-verfolgungsbedingt entzogenes Kulturgut» aufzugeben ist, hat für SIG und PLJS weiterhin höchste Priorität. Dies gilt insbesondere für den Bund, aber auch für öffentliche und private Museen, Archive, private Sammler, Auktionshäuser und Bibliotheken. Vor allem diese Forderung ist zentral, wenn die Kommission ihrer Tätigkeit sinnvoll nachgehen möchte. Nur so kann die umfassende Erforschung und vor allem eine Rückgabe von Kulturgütern, die ihren damaligen Besitzerinnen und Besitzern durch die nationalsozialistische Verfolgung entzogen wurden, auch tatsächlich garantiert werden. Dies entspräche auch dem Gebot nach «fairen und gerechten Lösungen», wie es von der Washingtoner Erklärung von 1998 verlangt wird. Diese wurde auch von der Schweiz unterzeichnet, die sich damit verpflichtet hat, für das Auffinden und die Rückgabe von Kunstwerken, die vom nationalsozialistischen Regime beschlagnahmt worden waren, zu sorgen.
SIG und PLJS setzen sich für die Umsetzung dieser Forderungen ein
Der SIG und die PLJS begrüssen zwar die teilweise Annahme der Motion durch den Bundesrat. Die beiden Verbände nehmen allerdings auch mit Enttäuschung zur Kenntnis, dass dieser die Rahmenbedingungen, welche auch die zentrale Forderung von SIG und PLJS enthält, ablehnt. Der SIG und die PLJS werden weiterhin auf die Einführung des Begriffs «NS-verfolgungsbedingt entzogenes Kulturgut» beharren und zählen nun auf die Annahme der gesamten Motion im Parlament.