Mit der überarbeiteten Präsentation der Bührle-Sammlung geht das Kunsthaus Zürich neue Wege. Der SIG anerkennt diese Neuausrichtung
Ab dem 3. November 2023 ist im Zürcher Kunsthaus die Neupräsentation der Bührle-Sammlung im Chipperfield-Bau für die Öffentlichkeit geöffnet. Der SIG konnte sich vorab einen Eindruck machen und zeigt sich von der Schau überzeugt.
Das Kunsthaus Zürich eröffnet am Freitag, dem 3. November 2023, die neue Präsentation der Bührle-Sammlung mit dem Titel «Eine Zukunft für die Vergangenheit. Sammlung Bührle: Kunst, Kontext, Krieg und Konflikt». Gezeigt wird eine Auswahl von Werken aus der Sammlung von Emil G. Bührle. Der SIG durfte bereits vor der Eröffnung einen Augenschein nehmen und kann bestätigen, dass die neue Kunsthausdirektorin Ann Demeester und ihr Team die Ernsthaftigkeit dieses höchst komplexen Themas erkannt und in der Ausstellung angemessen umgesetzt haben.
Umdenken im Umgang mit belasteten Kunstwerken
Die Neupräsentation zeigt eindeutig, dass seit der Eröffnung des Erweiterungsbaus, im Zuge vieler Debatten und einer neuen Direktorin, ein Umdenken im Umgang mit historisch belasteten Kunstwerken stattgefunden hat.
In der neuen Schau wird der Besucher von Anfang an mit den schwierigen Themen und den Geschichten hinter den Bildern konfrontiert. Dies zeigt sich mitunter im sogenannten Resonanzraum. Hier treten rund zwanzig jüdische und nicht jüdische Persönlichkeiten in arrangierten Videostatements in ein fiktives Gespräch, eine davon der SIG-Präsident Ralph Lewin.
Erste öffentliche Präsentation der Sammlung löste heftige Debatten aus
Der ursprünglich deutsche Rüstungsindustrielle Emil G. Bührle hatte mit Waffenlieferungen an Nazi-Deutschland ein Vermögen gemacht. Damit erwarb er sich während des Zweiten Weltkriegs und auch danach noch eine bedeutende Kunstsammlung, darunter viele Werke, deren Herkunft teilweise bis heute umstritten ist.
2021 hatte das Kunsthaus rund 170 Werke aus Bührles Sammlung, die als private Stiftung organisiert ist, als Leihgabe übernommen. Die erste Sammlungspräsentation, die vom ehemaligen Direktor Christoph Becker verantwortet und im Herbst 2021 der Öffentlichkeit präsentiert wurde, hatte heftige Debatten ausgelöst. Kritisiert wurde damals vor allem, dass die Provenienzen der umstrittenen Werke nicht ausreichend recherchiert worden waren. Auch die kontroverse Person Bührle und seine Waffengeschäfte haben in der ersten Präsentation zu wenig Raum und Kontext bekommen.
Neuer Subventionsvertrag verpflichtet das Kunsthaus zu weiteren Untersuchungen
Ein neuer Subventionsvertrag mit der Stadt Zürich hat das Kunsthaus unter anderem dazu verpflichtet, die bisherige durch die Bührle-Stiftung getätigte Provenienzforschung zu untersuchen. Damit beauftragt wurde Ende 2022 der Historiker Raphael Gross, dessen Bericht im Frühsommer 2024 vorliegen sollte. Es ist Teil des Ausstellungskonzepts, dass laufend Anpassungen vorgenommen werden. Demeester bezeichnet das Projekt als ein «work in progress» und wünscht sich die Partizipation und Kritik der Öffentlichkeit. Der SIG wird mit dem Kunsthaus bei der Weiterentwicklung der Ausstellung im Gespräch bleiben.
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