Seit 2021 wird in der Schweiz verstärkt über ein Verbot nationalsozialistischer Symbole debattiert. Im Parlament sind hierzu gleich mehrere Vorstösse hängig. Der SIG unterstützt diese und engagiert sich für eine schnell umsetzbare Lösung.
Schon vor der Coronapandemie wurde in der Schweiz ein Verbot von nationalsozialistischen, rassistischen, extremistischen und diskriminierenden Symbolen gefordert. Das Thema hat im Rahmen der Pandemie an Dringlichkeit zugenommen, nachdem Nazi-Symbole vermehrt für politische Botschaften eingesetzt wurden. Das Parlament, das Bundesamt für Justiz und der Bundesrat bearbeiten derzeit mehrere Vorstösse und Vorschläge dazu. Der SIG setzt sich seit Jahren für ein solches Verbot ein und macht sich für eine baldige und umsetzbare Lösung stark.
Die öffentliche Verwendung von Nazi-Symbolen ist nur bedingt verboten
Gemäss heute geltendem Recht ist die Verwendung von nationalsozialistischen Symbolen in der Öffentlichkeit nur strafbar, wenn damit bei anderen Personen für die Ideologie des Nationalsozialismus geworben wird. Die Nutzung unter Gleichgesinnten hingegen ist nicht strafbar, auch im öffentlichen Raum nicht.
Diese Handhabung wird von Rechtsextremen unter anderem bei Konzerten gezielt ausgenutzt. Auch werden immer wieder nationalsozialistische Symbole für eine Akzentuierung und Skandalisierung politischer Botschaften missbraucht. In Erinnerung bleibt die fehlende juristische Handhabe gegen die wiederholte Verwendung von Nazi-Symbolen wie abgewandelte Judensterne durch massnahmenkritische Kreise während der Coronapandemie. Dieser im Vergleich mit den Nachbarländern lasche Umgang mit solchen Symbolen in der Schweiz führt zu einer Banalisierung des Leids und der Schrecken der Opfer der Ausgrenzungs-, Vertreibungs- und Vernichtungspolitik des Nationalsozialismus.
Es braucht einen nachvollziehbaren Katalog der zu verbietenden Symbole
Ein im Dezember 2022 veröffentlichter Bericht des Bundesamts für Justiz BJ kommt in seiner Analyse zum Schluss, dass ein explizites Verbot von Nazi-Symbolen grundsätzlich eingeführt werden könnte. Die konkrete Ausgestaltung wäre jedoch rechtlich und redaktionell anspruchsvoll.
Das BJ schlägt deshalb eine Umsetzung in Form eines Spezialgesetzes mit Fokus auf ein Verbot von Nazi-Symbolen vor, um schneller und nachvollziehbarer zu einer rechtlichen Lösung zu kommen. Die Norm müsste jedoch offen genug formuliert sein, damit der spezifische Kontext eines Falls berücksichtigt werden kann. Sie müsste aber auch genügend klar sein, damit die Bevölkerung weiss, was erlaubt und was verboten ist. Weiter muss die Verwendung zu wissenschaftlichen, schulischen, künstlerischen und journalistischen Zwecken weiterhin gewährleistet sein. Dass dies bei einem Verbot möglich wäre, zeigt die Gesetzeslage in Deutschland und anderen Ländern.
Erste politische Hürden für ein gesetzliches Verbot sind überwunden
Seit der Wintersession 2021 sind mehrere parlamentarische Vorstösse offen, die ein Verbot von extremistischen Symbolen in der Öffentlichkeit fordern und breite überparteiliche Unterstützung erhielten. Ähnliche Vorstösse wurden in der Vergangenheit negativ beurteilt, weil sich die Definition und Eingrenzung der zu verbietenden Symbole als stark umstritten erwies.
Im Januar 2023 hat die Rechtskommission des Nationalrats einem verschärften Vorgehen gegen Nazi-Symbole zugestimmt. Auch sie schlägt eine Umsetzung mit einem spezialgesetzlichen Verbot vor und unterstützt damit die Forderungen der jüdischen Dachverbände. Zusätzlich nahm die Kommission auch die parlamentarische Initiative von Nationalrat Angelo Barrile an.
Im Mai 2023 hat sich der Nationalrat zudem deutlich für die Motion von Nationalrätin Marianne Binder-Keller ausgesprochen, die vom Bundesrat eine gesetzliche Grundlage für ein Verbot von Nazi-Symbolen im öffentlichen Raum fordert. In einem nächsten Schritt werden die beiden Vorlagen in der Rechtskommission des Ständerats behandelt.
Rechtskommission des Ständerats reicht weiteren Vorstoss ein
Im Oktober 2023 hat nun die Rechtskommission des Ständerats eine eigene Motion für ein Verbot von extremistischen Symbolen eingereicht. Im Unterschied zu den bisherigen Vorstössen will die Kommission das Verbot auf rassendiskriminierende, extremistische und gewaltverherrlichende Symbole erweitern. Die jüdischen Dachverbände sind irritiert von diesem Vorgehen, weil sich die Rechtskommission zuvor gegen alle eingereichten Vorlagen gestellt hat und dieser neue Vorstoss eine weitere Verzögerung bei der Umsetzung des Verbots bedeutet. Der Bundesrat hat die Motion der Rechtskommission in seiner Sitzung vom 29. November 2023 zur Annahme empfohlen.
Die Rechtskommission des Nationalrats setzt im Februar 2024 beim Thema Verbot von Nazi-Symbolen auf den pragmatischen Weg. Sie hat alle drei Vorstösse angenommen, spricht sich aber klar für das Vorgehen aus, das Verbot schrittweise anzugehen und dabei mit den eindeutigen nationalsozialistischen Symbolen zu beginnen. Der Nationalrat folgt im April seiner Kommission und stimmt ebenfalls diesem Weg zu.
Der SIG unterstützt eine Fokussierung auf Nazi-Symbole
Der SIG hält weiterhin an seiner Forderung auf eine Fokussierung auf Nazi-Symbole fest, die ein Verbot vereinfacht und eine schnellere Umsetzung ermöglicht. Zusammen mit der PLJS fordert er das Parlament dazu auf, den Fokus auf die bestehenden Vorstösse und die Nazi-Symbole zu legen, um eine ausufernde und gegenseitig blockierende Symboldiskussion zu verhindern. Mit einem Spezialgesetz, wie vom BJ vorgeschlagen, können ein klarer und nachvollziehbarer Katalog an nationalsozialistischen Symbolen festgelegt und geeignete strafrechtliche Massnahmen definiert werden. Dieser würde sich vor allem auf Symbole und Organisationen beziehen, die einem grossen Teil der Bevölkerung bekannt sein dürften und die wenig Spielraum für Interpretationen bieten. Aber auch Symbole, die einen unmissverständlichen Zusammenhang zum Nationalsozialismus und zur Schoah haben. Dazu gehören: das Hakenkreuz, der Hitlergruss, die Sieg-Rune der SS, der SS-Totenkopf sowie der gelbe Judenstern. Auch Abwandlungen des Sterns sollen verboten werden. Ein Spezialgesetz schliesst zudem eine Ausweitung auf weitere extremistische Symbole nicht aus.
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