Der Ständerat votiert zwar für eine unabhängige Expertenkommission für historisch belastetes Kulturerbe, schränkt aber zugleich deren Handlungsspielraum ein
Der Ständerat hat den Spielraum einer zukünftigen unabhängigen Expertenkommission für historisch belastetes Kulturerbe eingeschränkt, indem er eine zwingende zweiseitige Anrufung festschreibt. Der SIG bedauert diese Entscheidung.
Der Ständerat hat sich am letzten Dienstag für die Schaffung einer unabhängigen Expertenkommission für historisch belastetes Kulturerbe ausgesprochen. Der SIG, der die Schaffung einer unabhängigen Expertenkommission von Beginn an unterstützt und sich dafür eingesetzt hat, begrüsst diesen Entscheid. Der Ständerat hat aber auch mit 30 zu 15 Stimmen den Vorschlag des Bundesrats, dass die zukünftige Kommission einseitig angerufen werden könne, in eine zweiseitige Anrufung abgeändert. Dies bedeutet, dass die zukünftige Kommission nur «im Einverständnis aller Parteien», aktiv werden kann. Der SIG bedauert diesen Entscheid, mit dem der Spielraum der künftigen Kommission eingeschränkt wird.
Motion Pult forderte transparente Aufarbeitung der Vergangenheit
Mit der Einsetzung einer unabhängigen Expertenkommission für historisch belastetes Kulturerbe setzt der Bundesrat einen Parlamentsauftrag um, die sogenannte «Motion Pult». Ausgangspunkt dafür waren die Geschehnisse um die Sammlung Emil Bührle am Kunsthaus Zürich gewesen. Diese hatten aufgezeigt, dass die Schweiz verbesserte Instrumente im Zusammenhang mit NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgütern braucht. Nationalrat Jon Pult forderte daraufhin eine transparente Aufarbeitung von belasteten Zeugnissen der Vergangenheit und die Umsetzung von fairen und gerechten Lösungen mittels einer unabhängigen Expertenkommission. Diese soll den Bundesrat und die Bundesverwaltung in Fragen rund um historisch belastetes Kulturerbe beraten und «nicht bindende» Empfehlungen abgeben können.
SIG hofft, dass der Nationalrat dem Bundesratsvorschlag folgt
Der Entscheid des Ständerats zur zweiseitigen Anrufung der künftigen Expertenkommission mag aus juristischen Gesichtspunkten nachvollziehbar sein, nicht aber aus moralischen. Faire und gerechte Lösungen sind nicht gewährleistet, wenn gesetzliche Richtlinien nur schon die Prüfung des Einzelfalls verhindern. Die Position des Schwächeren, der als Nachkomme eines potentiell Geschädigten von der Expertenkommission nicht angehört werden muss, wird ein weiteres Mal marginalisiert. Der SIG hofft deshalb, dass der Nationalrat im Herbst dem Vorschlag des Bundesrats in der Verordnung folgen und die einseitige Anrufung der Expertenkommission gesetzlich festschreiben wird.
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